„Das ist erst der Anfang“ – Paris schreibt Geschichte, emotionale Szenen um Enrique

Luis Enrique holte aus einer Tüte ein schwarzes T-Shirt. Darauf zu sehen: eine Zeichnung, die ihn mit seiner Tochter stilisierte. Dazu war eine Vereinsfahne von Paris Saint-Germain abgebildet. Nach dem Triumph in der Champions League gegen Inter Mailand (5:0) gedachte der PSG-Trainer emotional seiner Tochter Xana, die 2019 mit gerade einmal neun Jahren an einem bösartigen Knochentumor gestorben war.
Und nicht nur das: Nach dem Schlusspfiff enthüllten die PSG-Fans ein Riesenbanner, auf dem Enrique und seine Tochter zu sehen waren. Der PSG-Trainer beobachtete die Szene berührt und mit Tränen in den Augen. „Xana ist immer bei uns. Wir denken immer an sie, wir lieben sie. Wir tragen sie für immer im Herzen“, sagte der Asturier nach dem Spiel.
Rückblende: Als Luis Enrique 2015 mit dem FC Barcelona die Königsklasse gewonnen hatte, tollte er mit der damals fünfjährigen Xana im Mittelkreis des Berliner Olympiastadions herum und feierte mit ihr ausgelassen den Titel. Xana hatte ein blau-rotes Barca-Trikot an und eine Vereinsfahne in der Hand. Die berührenden Bilder von Vater und Tochter waren damals um die Welt gegangen. Deshalb war es auch ein besonderer Wunsch des Spaniers gewesen, seiner Tochter nach dem Sieg mit PSG auch in München auf diese besondere Art zu gedenken.
Enrique hatte im März 2019 sein Amt als spanischer Nationaltrainer niedergelegt, um nur noch für Xana und seine Familie da zu sein. Fünf Monate lang kämpfte Xana gegen den Krebs. Vergeblich. „Du wirst der Stern sein, der unsere Familie leitet“, schrieb Enrique danach in den Sozialen Medien. Der frühere Profi ist überzeugt davon, dass ihn seine Tochter weiterhin begleitet. Sie werde „zwar nicht mehr physisch dabei sein, aber spirituell - und das ist für mich sehr wichtig“, sagte er.
In einer Doku hatte er sich ähnlich geäußert: „Meine Mutter konnte es nach dem Tod nicht ertragen, Fotos von Xana bei sich zu Hause zu haben. Ich habe ihr dann gesagt, dass das sein muss, weil Xana lebt. Wir sprechen jeden Tag von ihr, erinnern uns an sie und lachen. Denn ich bin überzeugt, dass Xana uns weiterhin sieht.“
Wie wichtig ihm der „Kontakt“ zu seiner verstorbenen Tochter ist, war auch bei der WM 2022 in Katar zu spüren gewesen. Vor dem Spiel seiner Spanier gegen Deutschland hatte Enrique betont: „Heute spielen wir nicht nur gegen Deutschland, heute ist auch ein ganz besonderer Tag, denn Xanita wäre 13 Jahre alt geworden. Amore, wo auch immer du bist, viele Küsse, hab einen tollen Tag, wir lieben dich.“
Der emotionale Höhepunkt eines einseitigen Finals. Mehr noch: Das beeindruckende 5:0 war nicht nur der erste Coup für den aus Katar alimentierten Klub, sondern auch der höchste Erfolg in einem Endspiel der Königsklasse überhaupt. Paris überflügelte damit Rekordsieger Real Madrid, den FC Bayern und die AC Mailand, die jeweils mit vier Toren Unterschied triumphiert hatten.
Entsprechend euphorisch zeigten sich die Spieler nach dem Spiel. „Mir fehlen die Worte, mir fehlen absolut die Worte. Das ist mein größter Traum, der hier in Erfüllung gegangen ist - und das in meiner ersten Saison. Wir haben Geschichte geschrieben und das ist erst der Anfang“, sagte etwa Doppeltorschütze Désiré Doué.

Überwältigt und glücklich: Désiré Doué.
Quelle: Sven Hoppe/dpa
Auch der ehemalige Inter-Profi und Torschütze zum 1:0, Achraf Hakimi, war voller Euphorie: „Wir haben Geschichte geschrieben. Für diese Stadt ist das was Unglaubliches. Heute war unser Tag, und wir sind alle glücklich. Luis Enrique hat Paris Saint-Germain komplett verändert, mit seiner anderen Art, Fußball zu sehen”, so der Ex-Dortmunder. „Nach all dem, was er erlebt hat, hat er es verdient wie kein anderer, dass er das jetzt feiern kann.“
Bedient war man dagegen auf Seiten der Verlierer. „Die Enttäuschung ist groß. Wir waren zu schlecht, um ein Finale in der Champions League zu gewinnen. Es tut weh, dass wir es nicht auf den Platz bekommen haben. Wir werden uns sicherlich noch die nächsten Tage und Wochen fragen, woran es gelegen hat“, haderte etwa Inter-Keeper Yann Sommer, dem die Krönung im Stadion seines Ex-Vereins Bayern München verwehrt blieb.
„Wir waren von Anfang an nicht in der Lage, unser eigenes Spiel zu machen. Ich bin wirklich stolz darauf, wie wir bis heute gekämpft haben, aber heute ist ein dunkler Tag für Inter“, analysierte der Niederländer Denzel Dumfries. „Die haben verdient gewonnen. Wenn man ein Finale verliert, ist es immer schwierig. Wir müssen das akzeptieren und nach vorne schauen.“
Mit dpa und SID
rnd